King’s X – XV (CD/2008)

05.06.2008 | Musik | Keine Kommentare

Hardrock, Blues-, Jam-Rock, Indie-Rock, Soul – InsideOut/SPV

KING’S X anno 2008: 28 Jahre als Band in ein- und derselben Besetzung unterwegs, 3 Musiker mit einem stets annähernd gleich bleibenden groovigen Drive, die seit 25 Jahren regelmässig Alben veröffentlichen. Zählt man das „inoffizielle" Debüt „Sneak Preview" von 1983 mit ist „XV" ihr 15. Album mit 14 Titeln (ohne Bonus-Tracks wären es 12). Zahlenmystiker und Semiotiker wie Umberto Eco würden daraus mit Sicherheit ohne große Mühe einen spannenden 800-SeitenThriller um eine der coolsten Südstaaten-Bands kreieren, wir jedoch machen’s doch lieber einfach ganz profan und halten uns an die Realfakten. Apropos Südstaaten: Mit Southern Rock haben die Herren leider nichts zu tun, auch wenn sie aus der SR-Hochburg Texas kommen, mit Blues Rock hingegen schon eine Menge.

Zunächst möchte ich KING’S X meinen allerherzlichsten Dank aussprechen für ein Album, das simpel ausgedrückt einfach „nur Spaß macht"! Auch wenn es mit Sicherheit nicht die Intention des Trios war ein familientaugliches, generationenüberspringendes Album zu produzieren, ist es ihnen hervorragend gelungen unseren 700-Kilometer-Ferien-Trip in den allertiefsten deutschen Osten mit dem aktuellen Silberling recht kurzweilig zu gestalten.

Obertoplässigen groovigen Drive mit eingängigen Hooklines und coolen „Sing-Alongs" – DAS beherrschen auch schon sechsjährige aus dem „ff". Nr. 1 der Trip-Ost-Hitparade bei voller Lautstärke und Vollgas: „Der Song mit dem „Nanana – No - Yeah" ..... genau: ‚Broke’.

Ansonsten: Was bitte soll man über KING’S X sagen, das noch nicht geschrieben wurde??? Die Amis unterhalten ihre Fans auf hohem Niveau, und selbst wenn sich ein Album so tief in die Schwärze meines Erinnerungskerkers zurückzieht wie z.B. „Ogre Tones" war auch das immerhin sehr gepflegter Rock, der halt das Rad der Rockmusik nicht mehr neu erfindet. Nun, eine neue Definition, bzw. die Erfindung eines achteckigen Rades ist auch „XV" nicht geworden. Allenthalben begegnet man seinen „alten Bekannten". Doch gerade das ist auch das Schöne daran. Man fühlt sich wie zu Hause, bewegt sich auf bekanntem Terrain, trifft vertraute Rhythmen und Lines, die sich im Grunde nicht wesentlich verändert haben und doch anders arrangiert immer wieder neu, frisch und unverbraucht klingen. Auf keinen Fall käme man da auf die Idee, dass z.B. Basser Doug Pinnick schon mit Siebenmeilenstiefeln auf eine runde 60 zurast. Ausserdem: Auf solche kommenden nimmermüden „Rock-Opas" wartet doch die Jam-Groove-Blues-Rock-Welt verzweifelt!

Mag sein, ich klinge nach einem halbblinden Fan-Girl. Tatsache ist, dass mich der Groove-Rock seit dem Kennenlernen der Berliner Groove-Rock-Formation Pothead vor einigen Jahren nicht mehr aus seinen Klauen lässt, eher im Gegenteil. Bei KING’S X steht im Vergleich zum groovigen Stonerrock der „deutschen Amis" deutlich der Soulanteil und die Gesangsharmonien im Vordergrund, doch die bluesrockige Basis ist ihnen gemein, und genau das ist der Grund warum mich diese Bands so faszinieren. Mancher kann es übrigens sicher fast schon nicht mehr hören, aber es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die harmonischen, mehrstimmigen Gesänge regelmäßig an die guten alten Fab Four erinnern. In der Hauptsache liegt das jedoch sicher auch an Ty Tabors weicher und manchmal einschmeichelnder Stimme. Etwas dreckiger wird es (Gott sei Dank) schon wieder wenn Mr. Pinnick zum Mikro greift, was in letzter Zeit öfter mal der Fall war.

Die Songs der silbernen Dame sind alles – ausser Prog. Dennoch scheinen die Texaner beim Major-Label des Prog bestens aufgehoben. „XV" – das ist Blues(hard)rock im allerbesten Sinne: Straight nach vorne, eingängige Hooklines, die einem oft genug ein hocherfreutes Grinsen ins Gesicht zaubern und die sich bestens für stundenlange „sing-alongs" eignen wie es sich für eine richtige Live-Band, die gerne mit ihrem Publikum spielt, eben gehört.

‚Pray’, ‚Blue’ und ‚Alright’ repräsentieren mit einem verschmitzten Augenzwinkern die hardrockigere Schiene des Trios. ‚Rocket Ship’ erinnert in seiner Ausrichtung an ihre Landsmänner ChkChkChk und zeigt sehr gut, dass sie ohne weiteres auch auf einem großen Indie-Festival wie dem Frequency in Salzburg bestehen könnten. Wieder weitaus rockiger, aber ins selbe Horn stößt ‚Move’, in dem sich lustigerweise Gitarrenpassagen ausmachen lassen, die ich auch bei Pothead kenne.

‚Repeating Myself’ ist die klassische Liebesballade, während ‚Julie’ eher ein Popsong im Stile eines berühmten Quartetts aus Liverpool mit kleiner Rockgitarre ist – sehr rhythmisch, sehr schön. ‚Stuck’ ist als Song an sich eigentlich gar nicht mal so bemerkenswert (wie übrigens auch ‚I Just Want To Live’). Was ihn aber dennoch auszeichnet ist ein bemerkenswertes Solo von Mr. Tabor.

Kommen wir zu den persönlichen „Top 3" des Albums:
‚Broke’ – Eigentlich geht es ja um Pleite(n), aber auch hier wieder dieses hintersinnige Augenzwinkern und die wiederkehrende Frage „Is this a joke?" was das ganze eher zu einer witzigen Geschichte macht. Drumwork im teilweisen Einsteigerformat: bum-tschak-bum-bum-tschak - jawoll-ja-juhuuuu - bum-tschak-bum-bum-tschak. Und dann eine ebenso simple wie einprägsame Hookline: „Nananana, NO – YEAH!" Klingt simpel – ist es auch – und ebenso genial – ein klares Erfolgsrezept im Falle KING’S X– SO werden Hits gemacht, die nicht nur Live hundertprozentig(!) funktionieren.

Laut Doug Pinnick ist ein es nur einziger Track, den das Trio so wie früher gemeinsam im Studio geschrieben hat. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit hatten die Drei diesmal ja jeder für sich schon vorher Songs komponiert und aufgenommene Demos mitgebracht. Getreu der Devise ‚Wenn es Ihnen gefallen hat erzählen Sie es weiter, wenn nicht, sprechen Sie bitte mit UNS!’ heißt das gute Stück denn auch (If You Like What You Hear)..... ‚Go Tell Somebody’. Mitklatschen, Fingerschnippen, saubere, äh nein, „dreckige" Gitarrenriffs, mehrstimmiges Gruppensingen wie in vielen anderen Songs auch, souliges Feeling trotz rockendem Groove. "If it’s beating your soul ... makes you hot when you’re cold ... if it’s rocking your house ... makes you jumpin’ around..." - der Song macht einfach Spaß und ist eine witzige „Empfehlung".

Die eindeutige Nr.1 ist ausgerechnet ein Bonus-Track: ‚No Lie’ - Lupenreiner Herzschmerz-Blues. Der Ärmste behauptet ernsthaft ‚Every night I sit here all alone, no lie. Every night I call you on the phone, no lie.’ Und ‚Every night I see that love is blind...’ Nunja, ganz so traurig klingt das Ami-Trio unterm Strich eigentlich gar nicht und man darf relativ sicher annehmen, dass sie da ein wenig mit dem Thema kokettieren, weil es halt gut zum Blues passt. Ein cooles Gitarrensolo verführt zum Versuch eines lasziven Hüftschwungs, was auf dem Fahrersitz eines Multivan gar nicht mal so einfach ist....

Aber egal, die Frage ist in dem Fall wohl eher welcher Seite es mehr Spaß gemacht hat: Der Hörenden oder der Spielenden.... Fakt ist, dass „XV" das beste Rockalbum ist, das sich im ersten Halbjahr 2008 in meinem Player drehte. Die silberne Dame dürfte mittlerweile angesichts ihres Dauereinsatzes ganz schön schwindlig sein, um Gnade hat sie aber noch nicht gefleht....

Tracklist:

1. Pray 4:15
2. Blue 4:25
3. Repeating Myself 4:10
4. Rocket Ship 2:45
5. Julie 2:41
6. Alright 3:00
7. Broke 3:56
8. I Just Want To Live 4:22
9. Move 4:02
10. I Don't Know 3:32
11. Stuck 3:57
12. Go Tell Somebody 3:17
Bonustracks:
13. Love And Rockets (Hell's Screaming) 4:23
14. No Lie 5:20
Gesamtspielzeit 54:05 Min.

Line Up:

Doug Pinnick - Bass, Vocals
Ty Tabor - Guitar, Vocals
Jerry Gaskill - Drums, Vocals

Externe Links:

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Ty Tabor
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