PISAker Lehrerkabarett - Chieming - Volksschule - 20.11.2007

20.11.2007 | Kulturelles | Keine Kommentare

Die Pauker sind die PISAker

„Der Educator" - oder das Ende der Kuschelpädagogik

Chieming. Wohl kein Berufsstand steht so oft im kritischen Fokus wie der Lehrberuf – abgesehen von der Politik natürlich. Schon Reinhard Mey sang „...braucht man keine Lehrer mehr, werd ich halt Politiker". Die Premiere der dritten Ausgabe des Lehrerkabaretts „PISAker" in der bis auf den letzten Stuhl besetzten Aula der Chieminger Volksschule war erneut ein äußerst gelungener Seitenhieb auf den Bildungssektor. Jeder bekam sein Fett weg, Schüler wie Lehrer und deren „Vorgesetzte" wurden trefflich durch den Kakao gezogen. So manche Anekdote des Abends dürfte auf einige Insider gemünzt gewesen sein, beurteilt man das schallende und zuweilen wissende Gelächter richtig.

Die Texte entsprangen erneut den spitzen Federn Gerhard Wonners und Frank von Sicards, beide Lehrer and der Volksschule St. Georgen. Sollte den beiden Herren irgendwann mal der Lehrberuf vermiest sein, hätten sie als Berufkabarettisten wohl beste Chancen – DENN – dem geschulten und gefürchteten Blick eines Lehrers entgeht – NICHTS!
Frech, schrill, liebevoll, amüsant und ironisch zeichnen die Beiden ein überspitzes Bild des bildungstechnischen Mikrokosmos im Allgemeinen und einiger expliziter Begebenheiten im speziellen. „Der Educator" ist nicht nur Satire-Kabarett vom feinsten, sondern der offizielle Beweis dass nicht nur Briten den satten und vortrefflichen Umgang mit dem Schwarzen Humor bestens verstehen.

Manchmal ist es nicht ganz leicht zu erkennen wer es nun am schwersten hat in der Hierarchie; Schüler, Lehrer und sogar das Schulamt schenken sich nichts und werden kräftig aber liebevoll durch den Kakao gezogen. In Anlehnung an die Nockherberg-Strategie glänzt Frank von Sicard als Alter Ego des Schulamtsdirektors Gerhard Poremba - gepflegtes Äußeres, gepflegte Langeweile in Form von Spiegel, Zinnsoldaten- und Computerspielchen, gepflegte Konversation mit den Kollegen, die zeigt wie arbeitsintensiv die übergeordneten Positionen des Schulamtes doch sind. Reisen, Nebenjobs und Mode.....

Dunkelst-schwarzer Humor durchzieht den „Educator III" – den Terminator der Gegenwart, der in Guantanam(o)mera zum Multiplikator der neuen Schulpädagogik ausgebildet wurde. Stolz berichtet der barhäuptige Schwarzenegger-Verschnitt (Andreas Hüdepohl) über sein Lieblingsthema: „Wer lange fackelt hat bald kein Feuer mehr!" und zeigt an vier Schülern in orangen Overalls anschaulich die Praxis. Ähnlichkeiten mit gewissen kubanischen „Etablissements" sind durchaus beabsichtigt. Musikalisch klagen dabei die „geschundenen" Schüler zum traditionellen „Guantanamera" ihr Leid.

Kaum zu glauben, aber es geht noch schwärzer! Ein Schüler (Bernhard Benoist) schmeisst in einem Akt von „Lehrkraftzersetzung" seinen Lehrer aus dem Fenster um nicht als Feigling dazustehen und muss am Ende dafür fünf Sätze als Strafe schreiben, damit der Rektor (Rudi Schlögl) sein Gesicht wahren kann. Eine Lehrerin (Hildegard Rott) leidet an Amnesie, glaubt im Urlaub gewesen zu sein, derweil sich die Klasse tatsächlich bei der Abschlussfahrt ausgiebigst im Flatratesaufen (und anderen Dingen) geübt hat.

Triefendste Ironie beim „Lehrer-Symposium", in dem die Pädagogen ihre eigenen (nachgesagten) Psychosen auf die Schippe nehmen und um Lösungsansätze feilschen. Und über all dem schwebt das Damoklesschwert der fachchinesischen Spezifizierung. Schulphobie, oder korrekt ICD 10 Cod. F 40.2 – aha – entsteht durch eine problematische Identifikation zwischen Uterus und Schulgebäude. „Phallozentrisches Denken", zu Deutsch „Penisneid" führe zur „Obsession Correcture" = Korrekturzwang. Alles klar??

Auch die Elternschaft bekommt ihr Fett weg. Eine renitente Proletarierin (Susanne Ober) in rosa Schlappen und abgefuckten Leggins, die den „Mahnbrief" einer Lehrerin mit einer saftigen Retourkutsche in primitivem aber unmissverständlichem Wortschatz kommentiert. Der Elternsprechtag ist ein Alptraum für beide Seiten. Sprachbarrieren hier wie dort. Ein Ligafussballer mit fetter Rolex am Handgelenk, dessen Sprachschatz auf den Fußballjargon beschränkt ist und der eine „Translation „ braucht weil er in „Normaldeutsch" nicht kapiert, dass sein Sohn eigentlich strohdumm ist. Ein Unternehmer, der seinen Junior mittels „Schulsponsoring" durch die Versetzung zu schleusen versucht und eine echte kulturelle Sprachbarriere mit der kopftuchtragenden Frau Özdeniz, die sich standhaft weigert das Wort Versetzung zu verstehen.

Für die musikalisch-kabarattistische Abwechslung und Unterhaltung sorgte Ulrich Rothe und die Daktiker, eine gelungene Mischung aus Fredl Fesl, Reinhard Mey, A Capella-Gesang und noch viel mehr. Noch viermal besteht die Möglichkeit diesen Ausbund an genialer Satire, Ironie und geballten Schwarzen Humors in der Chieminger Schulaula zu geniessen. ....

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