Karmic Society - Journey (CD/2007)
Krautrock, Jam-Rock, Psychedelic, Progressive - World In Sound
Vor einem Jahr war mir der Name KARMIC SOCIETY lediglich ein theoretischer Begriff als ein Bandname von vielen des Herzberg Line-Ups. Auf besagtem Festival erfuhr ich dann von Treacle People-Hammond-Orgler Winnie Rimbach-Sator, dass er die schwarz-weissen Tasten in einer weiteren Band zum Einsatz bringt – eben Karmic Society, jenem Quintett aus Heidelberg, das gerade begann in die Schuhe des jugendlichen Vorwärtsdranges hineinzuwachsen. Logisch, dass ich mir deren samstägliche Jam-Session auf der Freakstage nicht entgehen liess. Zumal sie mit dem „Gitarrenlehrer der Nation" Peter Bursch und seiner Sitar einen echten Knaller als „Special Guest" gewinnen konnten. Sie machten ihre Sache übrigens großartig, meine Neugier wurde an diesem Frühnachmittag einerseits sehr befriedigt, andererseits gleich wieder geweckt. Denn zwischen Live und Konserve liegen nicht selten kleine atmosphärische Welten.
Nun dreht sich im Player bereits zum x-ten Male das Debütalbum „Journey" und ich wundere mich noch jedes Mal, dass die Youngsters von heute einen Sound und ein Feeling aus einer Zeit, in der sie noch nicht mal geboren waren, dermassen authentisch rüberbringen. Wer es nicht besser weiss, würde ohne weiteres an ein älteres Musikdokument glauben. Krautrock, Jam-Band-Feeling, psychedelische, progressive und jazzige Einflüsse und Ideen werden hier locker, entspannt, unverbraucht und mutig miteinander verarbeitet.
Dabei ist übrigens nicht kleckern angesagt, sondern klotzen. Denn neben sehr gekonnten Eigenkompositionen bringt das Quintett auch drei mutige Cover-Versionen mit ins Studio. Der Opener von „Journey" ist eine großartige (kraut)rockige Neuversion von Raumschiff „Orion". Winnie hat mir nicht erzählt wie er es fertig gebracht hat, aber seinen Angaben zufolge ist ‚Raumpatrouille Orion’ die „einzige vom Komponisten autorisierte Rockversion der "Raumpatrouille". Das heisst im Klartext, die Youngster müssen Herrn Thomas wohl schon sehr überzeugt haben, dass die Freigabe für den Kult-Titel erhielten.
Die buchstäblich goldene Mitte ist eine sehr mutige Coverversion des Can-Longtracks ‚Yoo Doo Right’ von deren 69-er Debutalbum „Monster Movie". Im Lager der überaus skeptischen Coversongs-Hörer beheimatet, ist es für mich oft schwer derartigen „News" etwas abzugewinnen und zu verstehen warum altes aufgewärmt wird anstatt neue Ideen zu verarbeiten. Hin und wieder gelingen aber doch wirklich ausgesprochen passable Neuversionen zu denen ich diesen Song hier eindeutig zähle. Es scheint ein wenig unfair einen Song, der bereits knapp 40 Jahre auf dem Buckel hat mit der Gegenwart zu vergleichen. Doch Original und Neuversion liegen vom Feeling her sehr nahe beieinander. Dank der heutigen Möglichkeiten ist manches sogar besser gelungen. Statt der ursprünglich 20 sind es hier „nur" 17 Minuten geworden, die aber dafür sehr knackig ankommen. Besonders der Bass, der intensiver groovt als auf dem Original und dessen Schwingungen sich kaum jemand dauerhaft entziehen kann. Die Keyboards schleichen nicht nur im Hintergrund umher, sondern drücken auch mal nach vorne durch, die verschiedenen Stimmeindrücke gewann die Band mittels „Down-Sampling". Klein wenig Mecker gibt es einzig für den chaotischen Improvisationsteil, der mir im Original besser gefällt, da er sich dem eigentlichen Grundrhythmus „unterordnet" und nicht so stark ausbricht. Ansonsten: Hut ab – gut gelöst, eine der wenigen Cover-Versionen, die ich als dem Original ebenbürtig bezeichnen würde.
Nummer drei auf der Liste ist eine 12-Minuten-Neuauflage von ‚Dark Star’ ( The Grateful Dead). Da ich das Original nicht kenne (jajaja..... Asche auf mein Haupt, ich habe drei Alben von TGD, aber der Song ist leider nirgends drauf), kann ich hier nur die Momentaufnahme beschreiben – und die ist recht gut, aber nicht ganz so überwältigend wie die Can-Schiene. Intensives übereinander gelegtes Gitarrenspiel und –jamming, Bluesrock und Psychedelic geben sich hier die Hand, tastenmässig erweckt es zeitweise etwas die Erinnerung an die Doors (‚Riders On The Storm’).
Dazwischen tummeln sich muntere Eigenwerke wie z.B. ‚Bees (don't like the bass)’ und ‚Journey’, die sich trotz modernerer Mittel ohne weiteres in die Stimmung der End-Sechziger und Früh-Siebziger Jahre einfügen, denen aber vielleicht noch ein Hauch mehr Tiefgang und Intensität nicht schaden würde. Mein persönlicher Liebling aus der selbstkomponierten Ecke ist ‚After The Flu’. Psychedelic pur – The Doors, Led Zeppelin, Hawkwind, Zappa – manche der Ideengeber existieren vielleicht nur unbewusst in den Hinterköpfen der Musiker (bei den „Einflüssen" werden sie jedenfalls nicht genannt). Dieser Song auf 15 Minuten „ausgebaut" wäre wohl der totale Live-Jam-Psych-Knaller.
In den letzten beiden Jahren hat sich bei den nachrückenden Bands der Jetztzeit der Trend zur handgemachten Musik deutlich entwickelt, die künstliche Seite des Computerzeitalters ist weitgehend ausgereizt und auf Dauer zu steril um wirklich Spaß zu machen. KARMIC SOCIETY sind auf einem ausgezeichneten Weg und haben bereits eine sehr gute, professionelle Basis, die sich auf jeden Fall noch weiterentwickeln wird. Man darf gespannt sein was die nächsten, sagen wir mal drei, Jahre bringen werden.
Tracklist:
01. Raumpatrouille Orion (Autorisiert von Peter Thomas) 5:21
02. Bees (don't like the bass) 7:32
03. Manhattan Bank Chase 3:49
04. After The Flu 7:24 (live recording)
05. Journey 7:10
06 Yoo Doo Right (Can-Cover) 17:13
07. Witche's Moon (Quicksilver-Messenger-Service-"Cover") 5:04
08. Dark Star (Grateful-Dead-Cover) 11:56
Gesamtspielzeit: 65:38 Min.
Line Up:
Mario Schulz - Guitar
Winnie Rimbach-Sator - Keys
Karsten Kulinna - Bass, Vocals
Steff Bollack - Drums
Keith Pearson - Visuals
Externe Links:
Karmic SocietyKarmic Society@myspace.com
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